Tagebuch
Das war ein unglaublich schöner Himmel mit unendlich kraftvollen Farben und tiefen Wolken, warmen Tönen bis hin zu feurigstem Rot. Ein Regenbogen verlief in einem warmen Meer aus gelber Watte über hell strahlendem Blau. Ein kalter Wind ging durch die bereits gefärbten Blätter. Ich verharre. Ich weiß, dass ich letztes Jahr eine Fehlentscheidung traf, indem ich zurück sah und dachte, dass damals alles besser gewesen sei. So habe ich nicht gesehen, was vor mir lag. Den selben Fehler möchte ich nicht noch ein Mal machen. Ich möchte, was ich mache, gut machen und dankbar und bescheiden sein. Gelegenheiten als Chancen ergreifen.
"Gott behütet uns auf unseren Wegen. Aber für die Wege, die wir einschlagen, sind wir selbst verantwortlich."
"Ich will dich nicht verlieren. Kein Traum ist das wert."
"Denn wer zu lange träumt, wer nicht rechtzeitig erwacht, der läuft Gefahr, sein Leben zu verpassen."
Tagebuch
Mein Leben, wenn man so offen sprechen mag, glich in letzter Zeit immer mehr einer großen Isoliertheit. Woher der Rückzug rührte, das mag vermutlich so viele Gründe haben, dass nach einer Begründung zu suchen, ausschweifend wäre. Destoferner habe ich nicht die geringste Ahnung, wen das interessieren könnte. Mein Karma ist denkbar ungünstig, vermute ich, und das liegt an meiner seelischen Instabilität, der Furcht vor Dauer, der Angst vor Bindung, einer diffusen Lichtscheuheit, etc., pp. -
Opus One entstand aus eben so einer rastlosen Suche nach einem Ort für die Ergüsse meines Geistes, - jenseits von mir... Wo man jedoch mit seinen Gedanken an egal welche Art von Oberfläche und Öffentlichkeit geht, was also heißt: sich unter Mitmenschen einzubringen, kommt es, und in der Anonymität des Internets umso mehr, zu Reibungen, Täuschungen und Konflikten. Mir lag stets nur am Herzen, mein Erfühltes und Erdachtes aus mir heraus projizieren zu können auf eine ehemals weiße Fläche und ihr ein wenig mehr Farbe einzuhauchen. In der Philosophie ähneln sich alle Künste, sei es die Malerei, die Musik, die Dichtung (vielleicht sollte alles Schreiben in erster Linie Dichtung sein) oder die Fotografie, welche ich noch als die am geringsten angesetzte Kunst betrachte, da sie auf so viel Technik angewiesen ist und der ganze Entstehungsprozess um so viele schneller ist. Dennoch macht es mir Freude, zu fotografieren, auch wenn ich niemals dabei an Professionalität dächte. Im Gegensatz zur Musik und zur Literatur. Doch darum soll es gerade gar nicht gehen.
Was ich mir wünschte war also ein Ort, an dem ich möglichst anonym, da dadurch weitgehend reibungslos, veröffentlichen könnte, was immer durch meinen Kopf geht. Ich bin abtrünnig geworden, viele Male. Menschen, Gemeinschaften, Orten. ... Dies hat in mir eine große, weite Öde bewirt. ... Ich wurde nicht abtrünnig, weil ich wenig schätzte, was ich besaß, im Gegenteil. Es waren stets übergroße Verletzungen, derer ich nicht "frau" werden konnte. Meine größte Sehnsucht: Die Sehnsucht nach Tiefe und Ruhe... in all dieser flüchtigen Weite... blieb unerfüllt. Einzige Konstante seit langem in meinem wechselhaften und flüchtigen Leben, ist die Musik. Beziehungen sind für mich wie Schatten, die an einem vorbei streifen... Sie lassen ein etwas mulmiges Gefühl zurück... Und erst, wenn sie wieder weg sind, sieht man ein wenig Licht. ... Dann aber wird all das Gleißen des Lichtes zu schmerzhaft und man sehnt sich nach den Schatten. ... Vielleicht rede ich auch Unsinn. Manchmal weiß ich nicht, was ich denke und widerspreche mir, noch im selben Moment, da ich einen Gedanken denke, selbst. Ich weiß nicht, ob ich Nähe ersehne oder Freiheit, und wieso beides nicht möglich zu sein scheint.
Psychologisch würde man von "Bipolarität", "Borderline", "Hypersensibilität", "Hochbegabung" sprechen. Ja, besonders diese Begriffe fielen häufig. Damit verbunden "Depressionen, "Essstörungen", "Selbstverletzendes Verhalten", "Suizidalität".... etc, pp. - und: wie gesagt: In letzter Zeit führten einige sehr schmerzhafte Erfahrungen zu einem nahezu vollständigen Rückzug. Bisweilen denke ich, dass ich eine Art Schizophrenie entwickeln könnte, manchmal wünsche ich mir das sogar, um "Ruhe vor mir selbst" zu haben, mich ohne schlechtem Gewissen einem Wahnsinn hinzugeben... Doch ich weiß, dass ich stark sein muss, weil es andere Menschen gab, die auch stark sind und stark für mich waren. ... Wenn auch wenige. Wenn man auch, eigentlich, von den meisten Menschen verraten oder niedergetreten wird, wenn sie fürchten, man sei eine Konkurrenz. Am hinterhältigsten sind diejenigen, die sich zuvor "Freunde" nannten. Ich möchte weniger kämpfen, und mehr lieben. Ich hoffe, irgendwann treue Wegbegleiter zu finden, ebenso sensible Menschen, vor denen man nichts zu verstecken braucht, wo das Leben wieder an der Wurzel gefühlt wird und bis auf jede Millimeterfläche Haut vordringt, die Spitzen einzelner Härchen packt und alles vibriert vor Leidenschaft und Liebe zum Leben. Diese Absolutheit in all den faden Grauzonen der Kompromisse, die man heutzutage anschlägt: Ich wünsche mir, zu brennen, zu leuchten, und DANN Asche zu werden... Und nicht: Schon immer Asche gewesen zu sein.
Fakten interessieren mich, vielleicht so sehr wie die Farben der Sonne, doch mehr noch interessiert mich das Wesen der Farben.
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