Tagebuch
Komposition. Es ist wirklich schwierig, zu wissen, wie man schreiben soll. Die drei Lieder für Gesang und Klavier (insgesamt sollen es fünf werden), sind fast fertig, doch die Feinarbeit ist das schwierigste, man wird doch hier und da unzufrieden, findet die Harmonien zu üblich, die Begleitung zu gewöhnlich, etc., pp. Am Hohelied der Liebe für Chor stecke ich momentan fest. Was ich machen muss, ist, mir einige Chorpartituren (morgen) ausleihen. Einen homophenen Satz zu setzen ist relativ einfach, was ich aber möchte, sind kontrapunktische Verschrenkungen. Hier ist fraglich, wie viel Bedeutsamkeit auf der Verständlichkeit des Textes liegen sollte. Gut vorstellen könnte ich mir auch, abwechselnd homophone und kontrapunktische Abschnitte. Ich dachte es mir so, dass eine Stimme beginnen sollte und quasi kanonartig die andere Stimmen ergänzt werden, vom Solo zum Duo, zum Terzett, zum Duo zweier anderer Stimmen und erst am Ende das homophone Ganze. Aber das ist so viel Konstruktionsarbeit und bedürfte Tage und Wochen. Und ich werde bereits zu Beginn unzufrieden. Desweiteren möchte ich noch am Trio für Cello, Geige und Flöte weiterschrieben, welches auch ein langatmiges Werk mit zunehmender Steigerung und Verdichtung, mit Immitationen, Augmentationen und Engführungen werden soll, sowie an einem virtuosen Klaviersolostück "Daimonio", sowie an fünf mondernen Miniaturen für Klavier solo. Was ich ferner schreiben möchte, ist eine Sonate für Klavier und Geige und gerne würde ich auch ein Stück für eine ausgefallenere Besetzung schreiben, beispielsweise Marimbaphon, Geige, Kontrabass und Klavier. Doch momentan arbeite ich an den fünf Gesangsstücken, sowie am Chorwerk. Ich will dies gerne im September noch fertig stellen. Ansonsten geht die Organisation gerade wie geschmiert. In der Woche ab dem 19. habe ich Proben mit allen Sängern, das dreistündige Korrepetitionsprogramm macht mir sehr viel Freude, und ab morgen werde ich hauptsächlich an den neuen Solostücken üben, um meinem Lehrer dann praktisch schon das ganze Programm servieren zu können, so dass dann praktisch nur noch John Cage fehlt. Ich werde den Gesangslehrer fragen, ob er jemanden kennt, der vielleicht nächstes Jahr am Liedduowettbewerb mitmachen wollen würde, sowie meinem Klavierlehrer sagen, dass ich noch SO studieren möchte und mich für ein Stipendium bewerben, um das finanzieren zu können. Das sind die Pläne. Falls das mit dem Vorstellungsgespräch nicht klappt, gehe ich zurück nach Brüssel, was mich nicht besonders traurig machen würde. Dort werde ich mich dann so oder so für die Aggregation bewerben, sowie für Komposition. Eigentlich wäre das mein Traum, und alles andere (die Wettbewerbe, Stipendien, die feste Stelle als Klavierlehrerin) nur zweite Wahl. Brüssel ist mein Herz und ich vermisse ihre Straßen. Ich weiß aber auch, dass es riskant ist, dass ich vielleicht unglücklich werde und eine arme Künstlerin bleibe, und dass ich hier momentan Geld verdiene, usw. ... Und dass es in Brüssel schwieriger sein wird, sich etwas Festes aufzubauen, und dass es zudem teurer ist. Ich könnte mir vorstellen, mich für eine Weile mit Nebenjobs und privatem Klavierunterricht durchzuschlagen, aber irgendwann würde ich doch gerne Pianistin und Komponistin sein. Nächstes Jahr spiele ich mit Orchester, darauf freue ich mich schon sehr. Auch werde ich nächstes Jahr meinen künstlerischen Abschluss haben. Alles gute Voraussetzungen. Was mir Angst macht, ist die alltägliche Berufswelt. ... Ich bin eine Prinzessin auf der Erbse und ich liebe meine Träume.